Momentan arbeite ich mit Hochdruck an meiner Masterarbeit, der immerhin schwerwiegendsten Prüfung meines ganzen Studiums. Nicht nur, dass ich dem Ende der Uni-Zeit entgegenfiebere, ich laufe auch mit jedem Wort, das ich schreibe einen riesigen Schritt von einer Belastung weg, die die letzten 10 Jahre wie ein fester, kleiner Klumpen in meinem Bauch gelegen und mich ausgebremst hat. Da ich immer wieder Fragen zu. meinem Studium gestellt bekomme, möchte ich ds Thema heute einmal näher beleuchten.
Nach der Ausbildung – warum noch studieren?
Studieren war für mich eine logische Konsequenz, als im Anschluss an die Tischlerlehre mein Rücken immer wieder Probleme machte und ich ein Gefühl von Kraftlosigkeit in meiner linken Hand hatte, das mir das Arbeiten erschwerte. Die Kombination aus Schmerzen und dem nachlassenden Vertrauen in mich selbst, ohne das Risiko etwas fallen zu lassen Möbel, Türen oder Fenster tragen zu können, machten mir über Monate zu schaffen. Dass mich die Ärzte nicht ernst nahmen und mir erklärten ich würde mir die Schmerzen einbilden tat sein Übriges. Ich brauchte einen Plan B und die Fristen für die Einschreibung ins Studium für Berufsschullehramt liefen einen Monat später ab.
Mit dem Gedanken an dieses Studium hatte ich zugegeben schon länger gespielt, aber ab diesem Zeitpunkt schien mir der Weg klar vorgezeichnet. Meinen eigentlichen Traum, auf die Walz zu gehen und an den verschiedensten Orten zu arbeiten, traute ich mir, da ich mich nicht voll einsatzfähig fühlte, nicht zu. Ich begann also, vor ziemlich genau zehn Jahren, mein Studium mit dem Ziel Berufsschullehrerin zu werden.
Das Hauptfach, Holztechnik stand fest, und als zweites Fach entschied ich mich, mangels sinnvoller Optionen unter den zugelassenen Fächern, für Chemie. Versteh mich nicht falsch, Chemie mag ich wirklich, ich habe es viel lieber studiert als Holztechnik, aber es gibt kaum Schulen, an denen man diese, eine in Niedersachsen zugelassene Fächerkombination, unterrichten kann. Die zum Beginn meines Studiums nicht mögliche Kombination aus Holztechnik und Biologie, die ich mir gewünscht hätte, bieten hingegen viele Schulen.
Der Beginn des Studium und die erste Prüfung
Ich bin eigentlich ein Mensch, der Prüfungssituationen immer gemocht hat. Ich habe mich immer gut darauf vorbereitet gefühlt, wenn ich in eine Prüfung ging und konnte gut einschätzen, was ich kann und was ich nicht kann. Dieser Umstand änderte sich mit der ersten Prüfung im Studium.
Schon am ersten Tag, in der Einführungsveranstaltung wies uns der Studiengangskoordinator an, nach rechts und links zu schauen, wer neben uns sitze. „Diese beiden Menschen werden sie im nächsten Semester nichtmehr in ihren Veranstaltungen treffen.“ leitete er die Ansage ein, dass die meisten von uns die erste Prüfung nicht bestehen und dann entweder das Studium abbrechen oder in einer Endlosschleife die Eingangsklausur für das erste Chemie-Praktikum wiederholen würden. Schon am Vortag hatten mir einige Studierende aus höheren Semestern erklärt, dass man uns Berufsschullehrer in der Chemie ohnehin nicht gern sieht, und ich hatte erhebliche Überschneidungen in meinem Stundenplan festgestellt, wegen denen ich viele Übungen und Vorlesungstermine nicht wahrnehmen konnte.
Durchgefallen – was nun?
Kannst du dir vorstellen wie ich mich gefühlt habe? Durch diesen Start ins Studium völlig verunsichert, lernte ich wie wahnsinnig, jedoch völlig konfus für die erste Klausur. Es kam wie es kommen musste: nicht bestanden. Ab diesem Zeitpunkt war ich bei keiner Prüfung in meinem Studium mehr unbefangen.
Neben der Sorge, dass sich alles verzögern würde, wenn ich nicht innerhalb des Zeitplans zum Praktikum zugelassen würde, schwang immer auch die Angst vor einer schlechten Note mit. Ein Bachelor in einem Lehramtsstudiengang ist wenig wert- die Masterzulassung aber an den Notendurchschnitt aus dem Bachelor gekoppelt.
Das Fach Chemie ist ohnehin nicht bekannt dafür, dass man gute Noten schreibt. Gerade die ersten Klasusuren wurden und immer wieder damit angekündigt, dass sie zur Selektion dienten. Als zulassungsfreies Fach hat Chemie viel Zulauf von Studierenden, die es nach Ansicht der Dozenten nicht ernst genug nehmen. Diese sollten ausgesiebt werden, damit nicht zu viele Studierende ins Praktikum kommen. Ich habe mich schon damals gefragt, warum man auch die Zeit wirklich interessierter Studierender damit verschwendet, sie in endloser Schleife die Klausuren wiederholen zu lassen – eine mündliche Prüfung im letzten Versuch gab es bei diesen Studienleistungen nicht.
An dieser Stelle kürze ich etwas ab: im zweiten Versuch, mit dem Wissen, alle Tipps des Studiengangskoordinators ignorieren zu müssen, und einer großen Portion Trotz, bestand ich die Prüfung. Ich konnte meinen Bachelor im Zeitplan abschließen und den Master beginnen. Trotzdem gingen die vergangenen zehn Jahre nicht spurlos an mir vorüber.
Das Studium fast zu Ende, was kommt jetzt?
Eigentlich ist der Weg eines Lehramtsstudenten vorgezeichnet. Erst studierst du 5 Jahre. Im berufsschullehramt kommt noch eine dreijährige Berufsausbildung oder ein einjähriges Praktikum im berufszweig des Hauptfachs hinzu. Anschließend geht es für 1,5 Jahre ins Referendariat, dann arbeitet man auf die lebenslange Verbeamtung hin (Natürlich beziehe ich mich hier auf Niedersachsen – andere Bundeländer, andere bedingungen…)
Nachdem ich mich also schon nach wenigen Tagen nicht wohl fühlte in der Uni, zog ich anfangs eine riesiege Motivation daraus, es hinter mir haben zu wollen. Schnell studieren um endlich unterrichten zu können. Die raren Stunden, die ich im Schulpraktikum verbrachte, bestärkten mich darin, dass ich Spaß am Unterrichten habe. Ich wäre auch sicher keine schlechte Lehrerin.
Wie mir das Studium die Freude am darauf folgenden Beruf nahm
Nachdem ich kurz vor dem planmäßigen Ende meines Studiums Mutter wurde, änderte sich meine Toleranz gegenüber Umständen, die mir nicht gut tun. Die Aneinanderreihung von Prüfungen und Praktika brachte mir nicht nur zunehmend ein Gefühl von Anspannung und Angst vor Prüfungssituationen mit, sie hatte auch dazu geführt, dass ich in den ersten drei Jahren nur zwei Wochen Urlaub unterbringen konnte. Alle Feiertage und Semesterferien waren voll mit Verpflichtungen. Weihnachten war beispielsweise nicht zwei Tage, sondern nur knappe acht Stunden lang, dann musste ich wieder lernen. Klar, ich hätte es einfach lassen können- einfach nur so viel machen wie nötig- aber es drohte eben die Abschlussnote.
Nachdem nun der Zwerg auf der Welt war, war ich gezwungen wieder nach rechts und links zu gucken. Und plötzlich hatte ich wieder ein Leben. Ich habe seitdem langsam gemacht, Knapp eine Prüfung pro Semester. Mit dieser Zeit, die ich nun plötzlich hatte um in mich hineinzuhören, wurde immer deutlicher. So fremdbestimmt durch Termine und Leistungsdruck, auf die ich keinen Einfluss habe, will ich nie wieder sein. Ich sah wie meine ehemaligen Kommilitonen im Referendariat wieder Tage, Nächte und Ferien durcharbeiteteten. Wie sie wieder Koffeintabletten und Energydrinks zum wach bleiben auf den Einkaufszettel schrieben. Das hat mich endgültig kuriert. So will ich keinen Moment länger leben.
Selbstständigkeit als logischste Konsequenz
Selbstbestimmung, das habe ich in den letzten Jahren gemerkt, ist. essentiell für mein Wohlbefinden. Nur wenn ich selbstbestimmt arbeiten kann bin ich stressresistent, habe Freude an dem was ich tue und bleibe motiviert. Gemerkt habe ich das schon in meiner Zeit bei Tupperware. Auch jetzt, wo ich meinen Blog und mein Schnittmuster-Business darauf vorbereite mein Job zu werden, schaffe ich es Höchstleistungen zu erbringen und produktiv zu arbeiten. Auch die Vereinbarkeit mit dem zwerg, den zahlreichen Brückentagen und Kitaferien ist in der Selbstständigkeit möglich. Ich bin gespannt. wohin mich dieser Weg fürhrt – vielleicht werde ich auch eine selbstbestimmte Anstellung annehmen. Eins habe ich aber gelernt: Abhängig von Bedingungen die ich nicht mitgestalten kann, will ich nie wieder sein.
Immerhin, inzwischen habe ich meinen Ausgleich und Freude im. Nähen gefunden. Auf den Bildern trage ich den Pullover Fleur, nach einem Schnitt von The Couture, aus einem Strickstoff vom Stoffmarkt.
Du nutzt Pinterest? Dann nimm dir eine der folgenden Grafiken mit auf deine Pinnwand, damit du meinen Beitrag einfach wiederfindest! Natürlich freue ich mich auch, wenn du den Beitrag teilst – sharing is caring! Wenn du selbst auf der Suche nach Inspirationen bist, dann schau dir doch mal meine Pinnwände an!