Letztes Jahr, ende Januar ist meine Großtante gestorben, die prägende Kraft meiner Kreativität und wahrscheinlich der Grund dafür, dass es diesen Blog gibt.
Wegen dieser Verbindung fand ich es passend, mir auch das Kleid, das ich zur Beerdigung trage selbst zu nähen. Jedoch war ich unsicher, ob ich es hier auf dem Blog vorstellen oder nur für mich, im Stillen lassen soll. Über dieser Überlegung und auch der Frage „darf man das?“ habe ich die Bilder jetzt seit mehr als einem Jahr auf dem Laptop und auch immer wieder angesehen, habe aber lange gebraucht um mich zu entscheiden. Jetzt ist meine Entscheidung gefallen und ich möchte meine Gedanken teilen.
„Darf man das?“
Darf man also ein Outfit, das man zu einer Beerdigung getragen hat und das wirklich konkret zu diesem Anlass entstanden ist, für einen Blogbeitrag nutzen?
Sicher werden einige sagen, dass ich das Thema damit ausschlachte. Dass ich es benutzen würde um Aufmerksamkeit zu bekommen.
Dieses „Aufmerksamkeit bekommen“ ist das, was viele im Bloggen zu sehen scheinen. Und genau unter diesen „Verdacht“ wollte ich durch meinen Beitrag nicht geraten. Aber ist bloggen nicht eigentlich viel mehr? Natürlich zeige ich die Outfits um ein Feedback zu bekommen. Natürlich ist das eine Art von Aufmerksamkeit. Eigentlich geht es dabei aber um etwas anderes für mich. Das Bloggen ist für mich eine Möglichkeit mit Leuten in Verbindung zu treten, die das gleiche Hobby teilen. Eine Möglichkeit sich auszutauschen und auch ein Stück weit eine Dokumentation dessen was ich nähe. Ein Nähtagebuch.
Nachdem ich ein Jahr lang gewartet habe, habe ich also entschieden, dass auch ein solcher Eintrag in ein „Nähtagebuch“ gehört. Besonders weil meine Großtante so prägend für mein Interesse an Handarbeit war und sie somit ein Teil der Geschichte dieses Blogs ist. Und somit stelle ich das einfache Outfit nun endlich vor.
Enya- ein schlichtes Jerseykleid?
Mein Kleid ist nach dem Schnittmuster Enya entstanden. Ich habe mich entschieden eine möglichst einfache Version des Schnittes zu nähen, der unheimlich variantenreich ist und normalerweise garnicht schlicht oder langweilig gestaltet werden muss.
Verarbeitet habe ich einen weichen Viskosejersey vom Stoffmarkt- Schwarz ist eine Farbe, die ich tatsächlich nur selten in meinem Stoffvorrat habe- zumindest in schlichten Materialien. Daher habe ich, obwohl ich Viskosejersey bei Kleidern wenig vorteilhaft finde, diesen Verarbeitet. So gern ich den weichen Fall mag, so unvorteilhaft finde ich es doch, dass sich jedes Röllchen und besonders die Unterwäsche sehr stark durch den Stoff abzeichnet- sogar, wenn man ein Unterkleid trägt.
Trotzdem, und das war ausschlaggebend dafür, dass ich das Kleid nun doch auf dem Blog zeige, habe ich das Kleid im vergangenen Jahr immer wieder angezogen. Und damit ist es letztlich vom Beerdigungs-Outfit zum Alltagsoutfit geworden.
Ein weiteres Alltagskleid nach dem Schnitt Enya habe ich bereits im Rahmen der 12 Colours of handmade fashion zum Thema beige gezeigt. Den Unterschied zwischen der wirkung von Baumwolljersey und Viskosejersey wird im Vergleich sehr deutlich.
Schnittmuster: Enya von Moiralita
Stoff: schwarzer Viskosejersey vom Stoffmarkt
Verlinkt: Rums
Du nutzt Pinterest? Dann nimm doch eine der folgenden Grafiken mit auf deine Pinnwand!
Ich glaube, soviele Gedanken hättest du dir gar nicht machen müssen – ich bezweifle, dass jemand der Meinung ist, jemand anderes dürfe kein Kleidungsstück, das zu einer Beerdigung getragen wurde, bloggen. Wieso sollte das aufmerksamkeitsheischend sein? Das hängt dann doch von der Art des Blogposts ab – wenn da jetzt kein furchtbar reißerischer Clickbait-Titel drüber steht (ich denke da an die GMX-Redaktion, die gern mit "Schicksalsschlag" und "furchtbarer Tragödie" titelt – wenn es um den natürlichen Tod der 90jährigen Oma irgendeines Promis geht), sehe ich da keine Probleme.
Das Kleid ist ein schönes Basic-Kleid! Auch wenn ich Viskosejersey aus den von dir genannten Gründen eher meide …
Aufmerksamkeit? Selbstdarstellung?? Alles Quatsch!
Ich gehöre zu den "stillen Lesern" und freue mich über jeden Blogbeitrag, der über Schnittmuster, Erfahrungen mit Material oder einfach die Freude über ein gelungenes oder die Auseinandersetzung mit einem nicht so gelungenen Nähwerk berichtet.
Danke dafür!
Beate
Liebe Lisa,
für mich ist es ein tolles schwarzes Kleid und ich bin mir ziemlich sicher das sich deine Großtante gefreut hätte das du so ein tolles Kleid für euch genäht hast. 🙂 Ich finde man darf auch keinem vorschreiben wie er trauert oder was er auf seinem Blog zeigt. Das ist doch ganz allein dein Ding. Genieße das tolle Kleid das sicher auch mal zu einem anderen Anlass getragen wird.
Viele liebe Grüße die Nähbegeisterte
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Vielen Dank! Mit den reißerischen Titeln hast du recht!
Das Du Dir anlässlich der Beerdigung Deiner Großtante, mit der Du die Kreativität geteilt hast, das Kleid extra für diesen Anlass genäht hast, sehe ich als Anerkennung und Ehre der Verstorbenen gegenüber an. Und Lob, Anerkennung und Ehre darf man ruhig in die Welt hinaus tragen.
In diesem Sinne wünsche ich Dir viele schöne Erinnungen an die Tante.
Ich finde es interessant, zu lesen, was hinter solchen Blogbeiträgen und besonders auch deinen Designs stecken kann. Meine Oma hat sich für ihre Beerdigung spezifisch keine schwarze Kleidung gewünscht, sodass ich mich nicht erst fragen musste, ob ich das Outfit posten kann. Schließlich hätte niemand ein grünes Kleid mit einer Bestattung assoziiert. Ich weiß nicht, wie ich mich bei einem richtigen Bestattungsoutfit gefühlt hätte.