Seit einiger Zeit gebe ich Nähkurse im Coldewerk. Darunter auch einen Kurs zum Nähen mit der Overlock. Sowohl bei Gesprächen mit den Teilnehmern, als auch bei der Beratung zur Buchung des Kurses zeigt sich immer wieder: die Angst an der Overlock etwas zu verstellen und etwas Neues auszuprobieren ist groß. Rollsaum nähen, Overlock umrüsten, dabei die Fäden zum Durchziehen „verlieren“, das ist alles etwas wovor man keine Angst haben muss, denn das Ergebnis, ein sauberer Rollsaum, entschädigt für die damit verbundenen Umstände! Ich zeige es dir heute Schritt für Schritt an einem Musselintuch. Mit Rollsaum nähen, Overlock einstellen und einem sauberen Nahtverlauf um die Tuchecken!
Natürlich eignet sich die Anleitung nicht nur zum Nähen mit Musselin! Du kannst mit der gleichen Technik auch Chiffon, Viskose und andere leichte Stoffe verarbeiten. So entsteht dann beispielsweise eine Stola für kühle Sommerabende, der Saum für ein Spitzenkleid oder ein leichter Schal. An den Ecken des Tuchs kannst du selbstgemachte Tassels annähen- wie man sie herstellt, zeige ich dir in meinem Beitrag „Musselintuch nähen mit Quasten „. Auch als Abschluss bei Jerseystoffen ist der Rollsaum geeignet. Bei elastischen Stoffen kannst du ihn zusätzlich rüschen, indem du den Stoff unter etwas Zug in die Maschine führst (das lässt sich sehr bequem mit Hilfe des Differenzialtransportes lösen)!
Musselintuch nähen – das brauchst du
- Musselin, 1,5m x 1,5m
- 3 Konen Overlockgarn in einer Kontrastfarbe, wenn du die Naht betonen möchtest, oder Ton in Ton, wenn sie unauffällig sein soll.
- Eine Tasselschablone wenn du nach meinem Tutorial zum Musselintuch nähen mit Quasten Tassels an den Ecken befestigen möchtest.
- Eine Fadenschere und eine Vernähnadel für die Fadenraupe
Rollsaum nähen – Overlock einstellen! Was muss ich tun?
Jede Overlock hat einen leicht unterschiedlichen Weg zum Einstellen eines Rollsaums. Daher solltest du unbedingt als erstes in deiner Anleitung das entsprechende Kapitel lesen. Es gibt aber auch viele Gemeinsamkeiten.
Als erstes baust du die linke der beiden Nadeln aus und ziehst die Schraube, die sie hält wieder fest. Das ist wichtig, damit die Schraube nicht durch das Rütteln beim Nähen herausfällt. Die Nadel „parkst“ du am besten in der viertel Kone Garn, die du nun ohnehin nicht brauchst. So findest du sie einfach wieder.
Als nächstes muss der Kettelfinger zurückgezogen oder entfernt werden. Über diesen rutscht die Fadenraupe normalerweise so um die Stoffkante, dass die Kante niht eingeknickt wird. Beim Rollsaum ist dieses leichte umknicken das Ziel, damit später keine Fransen aus der Kante blitzen. Bei den meisten Maschinen muss zum entfernen oder zurückziehen des Kettelfingers zuerst das Messer weggeklappt werden. Nachdem der Kettelfinger aus dem nahtbereich entfernt ist, wird das Messer wieder in die gewohnte Position gebracht. Anschließend fädelst du die drei Konen in der gewohnten Reihenfolge ein.
Auch Die Fadenspannungen werden für den Rollsaum angepasst. Den linken Nadlefaden (hier das linke Rad) kannst du ignorieren, da hier kein Garn eingefädelt ist. Die Spannung des rechten NAdelfadens wird gelockert, bis hin zu 0 (meine Maschine hat hier normalerweise einen Wert von 7, beim Rollsaum 4). Dadurch wird der Nadelfaden um die Kante gezogen. Der obere Greifer bleibt auf seiner normalen Einstellung (bei mir 4) und am unteren Greifer wird die Spannung stark erhöht (hier 9), da dieser den Zug auf den Nadelfaden ausübt.
Anschließend wird die Stichlänge auf Rollsaum (R) oder einen sehr kleinen Wert (bei mir 1) umgestellt (du siehst diese Einstellungen auf dem oberen Foto an den seitlichen Rädchen). Der Differenzialtransport bleibt auf seinem Standard Wert oder wird etwas vergrößert, damit der Stoff glatt bleibt und sich nicht kräuselt. Wenn du den Rollsaum rüschen möchtest verkleinerst du den Wert des Differenzialtransportes! Du wirst dich vermutlich mit einigen Testnähten an die Einstellung herantasten müssen, da jede Maschine unterschiedlich ist.
Musselintuch nähen Schritt für Schritt
Das Nähen des Musselintuchs ist keine große Herausforderung. Der Lerneffekt besteht eher darin, dass du Sicherheit dabei gewinnst, die Overlock umzurüsten und einzufädeln. Beginne einfach an einer Ecke mit deiner Naht un nähe bis du an der nächsten Ecke ankommst. Hier nähst du so weit, dass du exakt mit der Ecke die Naht beendest, nicht darüber hinaus! drehe das Handrad, sodass die Nadel nicht im Stoff steckt, hebe und ziehe deinen Stoff vorsichtig nach hinten, bis du ihn um 90 Grad drehen kannst. Lege ihn EXAKT mit dem letzten Stich unter der Nadel wieder an und schiebe ihn eng an das Messer! Senke nun den Fuß wieder ab und nähe weiter.
Diese Technik um die Ecken zu nähen erfordert ein Bischen Übung, damit du den Punkt findest, in dem du den Stoff wieder anlegen musst, ohne dass sich an der Ecke eine Lücke oder eine Schlaufe bildet. Wenn du bisher immer über die Ecke hinaus genäht hast, solltest du diese Technik an einem Reststück üben.
Die Technik eignet sich übrigens nicht nur für Rollsäume. Du kannst sie auch nutzen um sauber um eine Ecke zu nähen, wenn du etwas versäuberst oder Stoffe mit der Overlock zusammen nähst. Der große Vorteil ist, dass du nur eine einzige Fadenraupe vernähen bzw. sichern musst – die ganz am Ende! Mich hat diese Aussicht sehr motiviert, die Technik des „um die Ecke nähens“ zu üben. Ich bin kein großer Fan des Einziehens von Fadenraupen in die Overlock Naht – zu viel Gefummel für meinen Geschmack.
Nähe nun einmal rundum um dein Musselintuch. Wenn du an deinem Startpunkt wider angekommen bist, nähst du wie gewohnt über den Anfang hinaus, bis du eine Fadenraupe hast. Schneide die Raupe ab. Ziehe sie vorsichtig ein Stück in die Rollsaumnaht (das geht schwer, da die Naht sehr eng ist, leg etwas Nervennahrung bereit). Anschließend schneidest du den Rest der Raupe ab. Fertig!
Materialempfehlungen
Ich habe für den Saum des rosa Tuchs Trojalock- Garn in der Farbe 8246 verwendet. Dieses helle gelbgrün wirkt auf Pastellfarben wie ein Neongarn.
Für das mintfarbene Tuch habe ich Trojalock-Garn in der Farbe 71843 verwendet. Auch dieser Ton wirkt wie ein Neongarn.
Generell nutze ich das Trojalock sehr gern. ich habe bereits einige andere Overlock Garne ausprobiert, bei diesem Garn ist das Preis Leistungsverhältnis und die Farbauswahl für alle Standard Näharbeiten in meinen Augen aber am besten.
Eine weitere Garnempfehlung für Rollsäume, die auffallen sollen, ist Bauschgarn. Dieses garn fädelst du in diesem Fall in den Nadelfaden ein (normalerweise nutzt man es im Untergreifer, zum beispiel beim Nähen von Sportkleidung oder Bademode) um das volle Volumen in den sichtbaren Fäden zu erzielen. Bauschgarn gibt es von Madeira in der Overlockbox immer passend im Set mit den gleichfarbigen Konen normalen Overlockgarns für die Greifer und den zweiten Nadelfaden.
Musselin kannst du bei vielen Stoffhändlern kaufen. Der rosafarbene Musselin ist aus dem Coldewerk, den mintfarbenen gibt es bei Stoffe Hemmers.
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