Warum ich mein Kind nicht im Internet zeige

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Ab und zu werde ich mit fast ungläubigem Ausdruck in der Stimme gefragt, ob ich eigentlich garnicht für den Zwerg nähen würde. Denn man sieht ja immer nur mich auf dem Blog, Facebook oder Instagram. Nie sieht man mein Kind.
Tatsächlich haben mein Mann und ich schon bei der Geburt unseres Sohnes entschieden, ihn nicht im Internet zu zeigen. Dafür gibt es viele Gründe, einige die wichtiger zu sein scheinen, einige, die nur ergänzend auf der Liste von Argumenten stehen. Aber es ist wirklich so, es gibt ihn auch nicht auf unseren privaten Accounts zu sehen, und wenn ich ein Bild finden würde, auf dem er aus Zufall zu sehen ist, würde ich es löschen lassen.
Das klingt radikal? Mag sein, aber mir ist es wichtig.

Es sei vorweggenommen, dass ich zu 100% der Meinung bin, dass das jedes Elternpaar allein für sein Kind entscheiden sollte. Ich möchte weder Vorwürfe machen, noch belehren oder „zum Nachdenken anregen“, wie „meine Meinung überstülpen“ ja oft verschleiert formuliert wird. Ich möchte schlicht und einfach erklären. Denen die nachfragen eine adäquate Antwort liefern.

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Erstmal: Ja, auch für den Zwerg nähe ich. Und ja, ich fotografiere mein Kind auch. Aber ich mache das nur für private Zwecke. Einer der Gründe ist, dass ich nicht weiß, was mit den Bildern passiert, die ich online stelle. Ein Bild zu kopieren ist nicht schwer, es reicht ein Klick, und schon bietet sich die Option das Bild zu speichern, und ich möchte vermeiden, dass Bilder meines Kindes irgendwo, wo ich es nicht kontrollieren kann gespeichert sind. Als seine Eltern haben wir die Aufgabe seine Rechte zu wahren, und ein sehr wichtiges Recht ist, zu wissen wo Daten über einen selber gespeichert sind. Ich möchte in der Lage bleiben, meinem Kind darüber Auskunft zu geben, wenn er danach fragt.

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Natürlich ist die Datenspeicherung schon ohne jedes Foto unglaublich undurchsichtig- für mich ist sie deshalb aber trotzdem kein Thema, das mit „Das ist halt so“ erledigt ist! Denn während die Aufzeichnungen von Kameras oder die Speicherung von Informationen bei Behörden immer mit einer Frist verbunden ist, und sei es eine, die ein Leben lang läuft, ist die Zeit, die etwas im Internet gespeichert wird nicht absehbar und damit außerhalb des Kontrollierbaren. Dabei glaube ich nicht, dass „die Zeiten sich geändert“ haben und man mehr aufpassen muss als früher, dass dem eigenen Kind nichts passiert- ich glaube, dass sich nur die Möglichkeiten geändert haben, die Kontrolle zu verlieren, und dass durch den fehlenden Überblick Gefahren entstehen.

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Klingt das Paranoid? Vielleicht, vielleicht bin ich auch einfach nur vorsichtig. Ich schreibe ja auch nicht viel über den Zwerg, vermeide auch die Nennung seines Namens in den meisten Texten… Ich möchte nicht, dass er sich irgendwann schämt, weil alle etwas über ihn lesen können, das ihm peinlich ist oder das er geheim halten wollte. Ich möchte mich nicht auf den schmalen Grad begeben, auf dem Elternblogger täglich wandeln. Ich selber werde meinem Kind in einigen Phasen seines Lebens peinlich genug sein, mit dem, was man über mich online findet- aber die eigenen Eltern peinlich zu finden gehört, anders als sich selbst bloßgestellt zu fühlen, zum Erwachsenwerden dazu, und erscheint mir für die Psyche weniger belastend, als sich für sich selbst zu genieren.

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Was ich meinem Kind auf jeden Fall vermitteln möchte, ist, dass man sich gut überlegen sollte, was man von sich preisgeben möchte. Ganz besonders wenn es darum geht, dass man im Internet auch in jedem Moment in dem man nicht bewusst Informationen liefert, auf Informationen durchleuchtet wird. Und das ist sicher nur die Spitze des Eisbergs an Informationen, die über uns gesammelt werden. Aber wie könnte ich meinem Sohn ein Vorbild sein, wenn ich ihm die Möglichkeit nehme, für sich selbst dieses Recht wahrzunehmen? Das Recht darauf zu entscheiden, welche Bilder oder Informationen über ihn öffentlich werden,wenn er alt genug ist? Wie könnte ich das, wenn ich seiner Entscheidung vorgreife, indem ich schon vorher Bilder zeige?

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Viele, die wie ich entschieden haben keine Kinderbilder im Internet zu zeigen, beschwören gerne das Schreckgespenst des Pädophilen herauf, der vor dem Computer sitzt um Kinderbilder von Blogs zu sammeln. Was sehr selten erwähnt wird, ist, dass es auch Stalker gibt, die Blogger oder deren Familien in Angst und Schrecken versetzen. Eine Wolke, die mir viel dunkler und näher zu sein scheint. Denn als Blogger oder Betreiber einer Seite auf Facebook habe ich die Pflicht ein Impressum zu führen, in dem meine Adresse offen einsehbar ist. Und diese Adresse ist oft nicht die eines Geschäftssitzes, sondern die Adresse an der man mit seiner Familie lebt.
Manchmal frage ich mich, ob unser Bewusstsein für das Risiko, was damit verbunden ist, wenn die Adresse im Internet zu finden ist, verschwunden ist. Wenn ich sehe, dass sich die Betreiber von Facebookseiten oder Blogs „aus dem Urlaub melden“ oder sich an anderen Orten als „zu Hause“ markieren, denn es scheint mir fast eine Einladung zu sein, beispielsweise für Einbrecher.

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Ja, vielleicht bin ich übervorsichtig, aber vielleicht wiegen sich auch die, die sich mit der Nutzung eigener Server und ähnliche Rafinessen, in Gesprächen mit mir scheinbar rechtfertigen wollten, in einer trügerischen Sicherheit. Denn es ist eben nicht nur der Umstand, dass ein Kind später peinlich findet, wenn die Klassenkameraden ein Bild im Bärchenschlafanzug von ihm online finden entscheidend. Klar, so ein Bild kann ich löschen- aber dass ich es ins Internet gestellt habe, hat dazu geführt, dass es kopieren konnte, wer immer es wollte, und ich die Kontrolle darüber nicht wiederbekommen kann. Und wenn sich mein Kind durch ein Bild blamiert fühlt, ist der Schaden schon entstanden, egal ob ich es anschließend lösche oder nicht.

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3 Kommentare

  1. Liebe Lisa,
    ich habe keine Kinder, aber da man sooo viele Kinder in genähten Sache sieht, kommt man fast gar nicht aus, sich darüber Gedanken zu machen. (Auch bin ich jetzt in einem Alter wo meine Freunde/Bekannte heiraten/Babys bekommen und ich auf FB "zwangsläufig" zugeballert werde.) Klar, jeder entscheidet selbst, aber ich finde deine Herangehensweise gut. Jeder soll für sich selbst entscheiden welche Informationen und Bilder im wirklich weiten WWW herumschwirren. Und die Kinder können das einfach noch nicht. Eine alte Schulfreundin zeigt ihre Kiddies maximal mal von hinten (auf dem privaten FB Profil). Und ein Blog ist ja noch etwas Öffentlicheres. Lass dich nicht unterkriegen! (Und süßes Top! Ich liebe ja Streifen aller Art.)
    Viele Grüße, Anna

  2. /

    Liebe Lisa,
    Ich finde es spitze, dass du dein Kind schützt. Denn es ist wirklich so, dass viele Leute Dinge peinlich finden, die die Eltern nur süß gefunden haben… Und durch die Adressen im Netz entstehen wirklich Gefahren und deswegen finde ich das Gesetz mit der Impressumspflicht auch echt nicht toll.

    Also: Daumen hoch und weiter so ohne Kinderbilder und -geschichten, bis das Kind so alt ist, dass es selbst entscheiden kann. Würde ich bei Kindern, falls ich mal welche habe, auch so machen.

    Liebe Grüße

  3. Verena Schroedter-Punzet
    /

    Hallo Lisa,
    ich finde deinen Beitrag super super. Ich zeige meine Kinder auch maximal von hinten oder ohne Kopf. Was ich sehr schade finde, dass bei Bewerbungen um zum Beispiel einen Probenähplatz viele das anders sehen und ich der Meinung bin, dass es Blogs, auf denen zum Beispiel die süßen kleinen Mädchen mit niedlichen Rüschenkleidern, schneller genommen werden. Ich habe das eine zeitlang mal intensiver beobachtet, um mir ein Bild machen zu können.
    Mir ist trotzdem egal und fotografiere trotzdem meist auf dem Boden liegend und drapiert.
    Lieben Gruß Verena

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