1138- Fashion Revolution Day

Kleidung haben wir eigentlich alle zu viel.

Der 24.4. ist der „Fashion- Revolution-Day“ und hat das Motto „Who made your clothes?“. Generell eine wichtige Frage, die ich zumindest für Kleidung die ab Januar 2016 in meinen Schrank gekommen ist, mit „ich selber“ beantworten kann. Aber vorallem ist es eine Frage, die aus traurigem Grund mit diesem Datum verknüpft ist.

Am 24.4. jährt sich  der Einsturz der Textilfabrik „Rana Plaza“ 2013 in Bangladesch, der über tausend Menschen das Leben gekostet hat. 1138 Menschen waren es genau. Trotzdem hat sich nicht viel für die Menschen, die in Asien, wo der Großteil unserer Kleidung produziert wird, in der Textilindustrie arbeiten, verändert. Immernoch sind die Löhne ausbeuterisch, das Verletzungsrisiko für die Arbeiter ist hoch (zum Beispiel hat sich 1/3 der Arbeiter in Myanmar schon bei der Arbeit verletzt) und eine unglaubliche Verschmutzung der Umwelt (2/3 der Seen und Flüsse in China!) und damit einhergehend eine große Belastung für die Gesundheit der Menschen in den Produktionsländern werden in Kauf genommen.

Der Grund für diese Situation? „Fast Fashion“!

Neben der schnellen Produktion neuer Kollektionen für den Kleidungsmarkt bezeichnet Fast Fashion inzwischen auch die auf die Schnelle und unter prekären Bedingungen produzierte Kleidung, die den Wunsch nach „immer mehr, immer billiger“ in der westlichen Welt befriedigen soll. Mit dem Wunsch mit der Mode zu gehen und der Glorifizierung des Hobbys „Shoppen“, haben sich unsere Kleiderschränke über die Jahrzehnte immer weiter gefüllt. Von 2000 zu 2010 haben wir die Anzahl der Stücke die wir kaufen im Schnitt verdoppelt ohne dafür mehr Geld auszugeben. Auf meiner Suche nach einer Zahl, wie es früher aussah und wie heute, bin ich auf den erschreckenden Wert von 40-70 Kleidungsstücken pro Kopf pro Jahr gestoßen, die der durchschnittliche Deutsche kauft. Leider scheint es zu dem Thema keine offiziellen Statistiken zu geben und es geht auch nicht daraus hervor, ob Schuhe, Accesoires und Taschen mitgerechnet werden, aber wenn man die Anzahl umrechnet bedeutet es, dass man wöchentlich mehr als ein neues Kleidungsstück zu seiner Gaderobe hinzufügt. Wenn ich hingegen überlege, wie selten man Kleidung aussortiert, ist es noch erschreckender, denn irgendwo muss die Differenz zwischen dem was geht und den neu eingekauften Stücken untergebracht werden. 
Während ich schreibe und recherchiere habe ich gerade keinen direkten Zugriff auf meinen Kleiderschrank, in mir wächst aber das Bedürfnis zählen zu gehen. Meine Hochrechnungen über meinen eigenen Besitz sind auch jetzt, einen Jahr nach meiner Zählung noch Beängstigend! Die riesige Zahl wiegt plötzlich so schwer wie Kilos auf der Waage und ich möchte etwas von diesem Ballast abwerfen.

Was tun mit der ausgemisteten Kleidung?

Mein Wunsch meinen Kleiderschrank zu verschlanken führt aber direkt zum nächsten Problem. Wohin mit der getragenen Kleidung? Genau wie man sich mit dem Weg den die Kleidung zu uns nimmt auseinandersetzen sollte, sollte man auch hinterfragen, welchen Weg sie nimmt, wenn sie uns wieder verlässt. Wie bequem es doch ist, dass an jeder Straßenecke Container stehen, in die man seine Sachen werfen kann- man bekommt direkt ein gutes Gefühl. Eine Kleider“spende“, das klingt nach Charity, wir retten die Welt mit unserer getragenen Kleidung, kaufen uns frei von unserem schlechten Gewissen, das wir wegen der Produktionsbedingungen haben und freuen uns über den Gedanken, dass ein paar arme Kinder in Afrika nun ein besseres Leben haben, weil sie dank uns wenigstens nicht nackt herumlaufen müssen. 
Klingt furchtbar rassistisch und abschätzig oder? Wenn wir nicht im Übermaß Kleidung konsumieren würden, dann müssten vielleicht die Menschen in den Entwicklungsländern garnicht mit getragener Kleidung abgespeist werden- würden wir angemessene Preise für Kleidung zahlen und das Motto Qualität statt Quantität gelten lassen, dann hätten viele Menschen auf der Erde, sei es in der Produktion oder im Anbau der Rohstoffe, wahrscheinlich genug Geld zur Verfügung um selber neue Kleidung zu kaufen. Daraus würde sich eine Nachfrage vor Ort ergeben, die wieder Arbeitsplätze schaffen würde, eine eigene Industrie und ein eigener Handel hätten eine Chance.

Was passiert mit unseren Altkleidern?

Wie geht es denn nun weiter mit der Kleidung aus dem Altkleidercontainer? Fakt ist, wir helfen damit niemandem, der es verdient hätte. Altkleidercontainer sind ein Geschäft. Wo der Mensch kostenlos an etwas kommt, da versucht er Profit draus zu schlagen, könnte man unken, und in diesem Fall ist der Profit riesig.
Der größte Teil der Kleider die wir in den Container werfen wird verkauft. Vieles tatsächlich in Afrika, teilweise aber sogar in Second Hand Läden in Deutschland. Der Verkauf innerhalb Deutschlands ärgert uns vielleicht mehr, denn die Sachen sollten ja zu den armen Menschen, die nicht so viel haben, und deswegen auf unsere Spenden angewiesen sind! Warum soll damit ein Laden in Deutschland Geld verdienen? Das ist doch ungerecht? Aber leider ist auch der Verkauf in den afrikanischen Ländern nicht besser. Der Export der Kleidung ist ein Milliardengeschäft unter dem dem die Märkte in den Ländern, in denen die Kleidung dann verkauft wird, leiden. Wie sollen sich einheimische Unternehmen etablieren, wenn die getragenen Sachen aus unseren Containern die dortige Nachfrage schon bedienen?

Gibt es Alternativen?

Was sind also unsere Möglichkeiten? Ich sage es ganz offen, die Optionen die wir haben machen deutlich mehr Arbeit als der Gang zum Altkleidercontainer. Ich möchte euch erzählen wie ich es mache. 
Ich habe 3 Schwestern. Wir vier und auch meine Mutter haben keine extrem unterschiedliche Figur, sodass sich fast immer jemand findet, dem die getragenen Sachen passen und wir viel innerhalb der Familie rotieren lassen. Darüber hinaus gibt es auch im Freundeskreis einige, die ihre getragene Kleidung an uns weitergeben und wieder andere, die von uns das was keinem gefiel oder passte weitergereicht bekommen. Dieser Kreislauf besteht tatsächlich noch aus unseren Kindertagen, denn das Weitergeben getragener Kinderkleidung ist, glücklicherweise, auch in unserer Gesellschaft etwas ganz normales. 
Bei Abendkleidern und anderer Kleidung die man eher selten braucht, verleihen wir auch untereinander immer wieder Stücke, sodass nicht für jeden Anlass etwas neu gekauft werden muss.
Die Möglichkeit getragene Kleidung zu verschenken hat man aber auch über die eigene Familie hinaus. Es gibt Gruppen in denen man Gebrauchtes verschenken kann auf Facebook und anderen Portalen und Kleidertauschpartys kann man sowohl im Freundes- und Bekanntenkreis organisieren als auch an öffentlich organisierten Kleidertauschpartys teilnehmen. Dort gibt man getragene Kleidung ab und darf sich selber auch wieder etwas mitnehmen. Reste werden meist an soziale Einrichtungen gespendet.
Wenn man den Weg über diese Partys nicht nehmen möchte, kann man auch direkt getragene aber gut erhaltene Kleidung an soziale Einrichtungen spenden. Überregional verkauft Oxfam gebrauchtes und unterstützt mit den Erlösen tatsächlich Projekte in der Entwicklungshilfe und regional gibt es immer mehr soziale Kaufhäuser oder Kleiderkammern, die Kleidung in gutem Zustand annehmen.

Selbermachen

Ich habe für mich noch eine weitere Alternative gefunden, die diejenigen die meinem Blog folgen schon kennen. Ich nähe selber, sodass ich auch weiterhin die Frage, wer meine Kleidung gemacht hat, mit einem „ich selbst“ beantworten kann. Um zu vermeiden, dass dadurch der Kleiderschrank überquillt, ändere ich Kleidung, die mir nicht mehr passt oder nicht mehr gefällt, oder ich nähe daraus etwas neues, zum Beispiel Kleidung für den Zwerg. Ich denke die schlimmste Abwertung, die man dem Leid und der Arbeit der Menschen in der Bekleidungsproduktion entgegen bringen kann ist, wenn man die Kleidung wegwirft oder nicht trägt. Wenn man sie möglichst lange nutzt und schätzt, dann ist es wenigstens ein Schritt in die richtige Richtung. Wirklich verstehen, was für ein Aufwand hinter einem einfachen T-shirt steckt, kann man aber tatsächlich erst, wenn man selbst eins genäht hat. Und wenn man noch einen Schritt weitergehen will, dann sollte man sich auch über die Produktion der Materialien, das Weben, Stricken und Färben der Stoffe, das Spinnen der Fäden und die Ernte oder Herstellung der Rohstoffe informieren. Auch ich habe da noch einen Schritt zu gehen, aber den ersten habe ich schon gemacht. Wir haben Ende April und seit Januar 2016 habe ich, Strumpfhosen ausgenommen nur ein Kleidungsstück für mich gekauft. Ein T-Shirt. Sogar meine Unterwäsche kann ich inzwischen selbst nähen.
Da ich es nicht angebracht fände euch mit diesem Thema ein von mir genähtes Stück zu präsentieren, seht ihr dieses mal Ausschnitte von der Inventur in meinem Kleiderschrank.
Ich möchte euch noch ein Video ans Herz legen, das Folgen, Fakten und Hintergründe zur „Fast Fashion“ sehr anschaulich aufzeigt. Einige der Informationen für diesen Beitrag habe ich aus dieser Quelle- und es lohnt sich, sich auch über den Rest zu informieren, denn leider ist das was ich hier für euch zusammengetragen habe nur ein verschwindend kleiner Ausschnitt.
Kanntet ihr den Fashion Revolution Day? Und habt ihr vielleicht selbst schon etwas zu #whomadeyourclothes? geschrieben, eine Aktion geplant oder das Umdenken in Worte gefasst? ich freue mich wenn ihr Beiträge zum Thema hier verlinkt und mir ein Bischen darüber erzählt, was eure Gedanken zu diesem schwierigen Thema sind.

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2 Kommentare

  1. Anonym
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    Danke für den informativen Artikel, ich habe nämlich auch meinen Kleiderschrank ausgemistet und jetzt überlegt wohin mit den Sachen. Ich gehöre,zum Glück, zu den Menschen die Klamottenshoppen hassen und wirklich nur dann was kaufen, wenn etwas abgetragen ist. Ich finde Klamotten kaufen einfach nur frustrierend, deshalb lerne ich nähen um selbst entscheiden zu können was ich anziehe. Interessanterweise habe ich vor 5 Minuten einen interssanten Artikel zum selben Thema gelesen http://wastelandrebel.com/de/warum-es-besser-ist-seine-altkleider-nicht-hm-zu-ueberlassen-fashionrevolution/

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    Ein spannender Artikel. Ich kaufe auch wenig, habe ich schon immer gemacht, weil es mir wirklich nicht so viel Spaß gemacht hat. Seit ich nähen kann und auch das Nähen für mich entdecke, versuche ich alles selbst zu nähen. Und das geht auch wirklich gut, bis auf Hosen/Jeans. Aber das wird auch noch und dann bin ich einfach unabhängig. Sollte ich irgendwann wieder anfangen zu shoppen, wird ich aber in jedem Fall mehr Acht geben als früher.

    LG Anja

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